Kino immer anders


An Weihnachten ist es doch das Beste, sich wie früher vor die analoge Glotze zu fläzen, Weihnachtsguetzli zu essen und sich einfach berieseln zu lassen vom Mischmasch aus Kitschfilmen, Dokus, Nachrichten und Werbeblöcken. Wenn man keine Lust mehr hat auf ein Programm, ist man mit einem Knips auch schon in einem völlig anderen Film – im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Gute am Festtagsfernseh-Programm: Pippi, Kevin, Frodo, Sissi und dieses Aschenbrödel-Mädchen kommen beim Zappen ganz sicher irgendwann vor.

Das Schlechte: Ebendiese alljährlich wiederkehrenden Figuren kommen beim Zappen ganz sicher irgendwann vor.

Nichts gegen das Wiedersehen, versteht mich nicht falsch, auch ich schau mir gerne zum hundertsten Mal an, wie’s Kevin wahlweise zu Hause oder in New York schafft, die beiden sehr blöden Gauner zu verarschen und ich wein’ auch jedes Mal ein bisschen, wenn der Prinz mit dem Aschenbrödel auf dem Schimmel gen Horizont davon reitet und Sissi heiratet, gekrönt wird oder stirbt.

Trotzdem wär’s doch schön, statt den ständigen Wiederholungen, auch mal Filme zu entdecken, die nicht jedes Jahr kommen.

Dazu habe ich mich mal durch das Festtags-Programm gelesen – bin aber leider nur bedingt fündig geworden. Irgendwie scheine ich die Einzige zu sein, die im „normalen“ TV zu Weihnachten nicht nur Altbekanntes sehen möchte. Allerdings wird’s doch ein paar Filme geben, die ich mir entweder zur gegebenen Zeit vor dem Fernseher anschauen werde oder die sicher auf meiner To-Watch Liste für irgendwann landen (ein kleines Hoch auf Streamingdienste, Mediatheken und ausgeliehene DVDs an dieser Stelle).

Disney und andere Kindheitserinnerungen:

Ja, ich geb’s zu, auch die Disney-Charaktere sind altbekannt und fast jeden der alten Zeichentrickfilme habe ich schon mehrmals geschaut. Dennoch finde ich’s schon toll, und was ganz anderes, diese Filme mal wieder im Free-TV zu sehen. Ausserdem gibt’s bei genauem Hinsehen auch noch weitere Kinderfilme, wie E.T., Ghostbusters oder Zurück in die Zukunft, die sich lohnen mal wieder zu schauen. Allen voran:

Jumanji: Gott, hatte ich Angst vor diesem Spiel-Film. Aber Spass hat er trotzdem gemacht und vielleicht bin ich ja jetzt alt genug, dass ich nicht mehr ständig die Augen zuhalten muss. Ich versuch’s jedenfalls.

Bambi, Aladdin, Mary Poppins, Die Monster Uni, Pets, Alice im Wunderland und Maleficent: Das sind, glaub ich, so ziemlich alle Disney Filme, die über die Weihnachtsfeiertage über den Äther flattern. Die letzten beiden sind allerdings keine Zeichentrickfilme mehr, sondern ihre artverwandten Spielfilme aus jüngerer Zeit. Zwar nicht mehr ganz so liebenswert wie die früheren Werke und auch mit etwas düstererem Grundton als von Disney gewohnt, aber durchaus nicht schlecht.

Sinn und Sinnlichkeit, Buster Keaton oder Anna Karenina – Hauptsache nach Mitternacht

Ang Lees Sinn und Sinnlichkeit nach Jane Austens Gesellschaftsroman ist preisgekrönt, witzig, ironisch und leicht – ein perfekter Film für die Feiertage also. Buster Keaton war einer der ersten und einer der lustigsten Comedians aller Zeiten, ebenfalls top für das Festtagsprogramm. Tolstois Anna Karenina, verfilmt von Joe Wright von 2012, besticht durch tollen Cast (Keira Knightley, Jude Law), grossartige Kulisse und opulenter Story – bester Ersatz also für Sissi und Co. an den Weihnachtstagen.

Was die Filme aber alle gemeinsam haben? Sie laufen im regulären TV alle erst nach Mitternacht.

Warum? Keiner weiss es. Schade, denn sie würden den jährlichen Einheitsbrei zur Prime Time wirklich mal aufmischen – ein GROSSES Hoch auf Streamingdienste, Mediatheken und ausgeliehene DVDs an dieser Stelle!

Roma!

Bleiben wir gleich bei den Streamingdiensten. Die interessierte Filmkennerin weiss es ja sowieso schon: Netflix ist mit Roma ein grossartiger Clou gelungen.

Das neuste Werk von Alfonso Cuarón (Gravity, Harry Potter und der Gefangene von Askaban, Children of Men) besticht durch wunderschön durchkomponierte schwarz-weiss Bilder, tolle Schauspieler und eine traurig-süsse Geschichte im Mexico der 70er Jahre.

Ein Film, den man so gar nicht auf dem Streamingdienst erwarten würde und der seine volle Pracht auch wohl nur im Kino entfaltet (darum läuft er auch in ausgewählten Lichtspielhäusern). Wenn ihr zwar nicht ins Kino wollt aber Zugang zu einem guten Beamer und einer grossen Leinwand habt, schaut ihn euch dort und nicht auf dem kleinen Notebook-Screen an.
Dieser Film lohnt sich mal wirklich!
Und das Beste: Jederzeit verfügbar. 🙂

 


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