Kino immer anders

Alles eine Frage der Perspektive

Als Zuschauer wird uns zwangsläufig ein Weltbild aufgezwungen, das von der Perspektive des Erzählers und der Vision des Regisseurs geprägt ist. Daraus ergibt sich die Frage: Wie kann die Komplexität einer Erzählung effektiv in einen Film übertragen werden? Und wie können Filmemacher ihren Erzählstil variieren, um ihre eigene Perspektive zu vermitteln?

Der Erzähler spielt eine entscheidende Rolle beim Erzählen von Geschichten: Wenn wir die Perspektive einer Figur sehen und hören, nehmen wir ihre Darstellung oft als die einzige Wahrheit an. Es gibt jedoch immer zwei Seiten einer Geschichte. Rashomon wurde nach dem gleichnamigen Rashomon-Effekt benannt, weil er mehrere, sich widersprechende Interpretationen desselben Ereignisses zeigt. Ein weiterer Klassiker ist Citizen Kane, der oft als „der beste Film aller Zeiten“ bezeichnet wird und stilistische Elemente des deutschen Expressionismus aufgreift, ähnlich wie in Das Cabinet des Dr. Caligari. Ein moderneres Beispiel ist Lola rennt, in dem eine Figur verschiedene Versionen desselben Ereignisses in einem traumartigen Rausch erlebt.

Das Erzählen von Geschichten setzt grundsätzlich einen bestimmten Ausgangspunkt voraus. Als solches ist es im Wesentlichen

Narrativ wird genutzt, um den eigenen Standpunkt zu beweisen. Hero zeigt, wie epische Erzählungen benutzt werden, um Macht im Namen der Gerechtigkeit zu legitimieren. In The Act of Killing lässt Joshua Oppenheimer die Täter der indonesischen Massentötungen auf kontroverse Weise ihre Verbrechen nachspielen. Diese Subjektivität ermöglicht es dem Zuschauer, eine völlig neue Sichtweise zu entdecken. In The Silence entdeckt der Zuschauer mit den Augen eines blinden Musikers geradezu eine neue Wahrnehmungswelt. In Lessons of Darkness spricht die Kamera für sich selbst, um das surreale Phänomen der verwüsteten Ölfelder in Kuwait darzustellen. Dieser Reichtum an Perspektiven lässt uns die Frage nach dem Wesen der Wahrheit stellen. Inland Empire ist, typisch für David Lynch, ein Wirbelsturm der Verwirrung, der uns in seltsame Welten zieht. The Saragossa Manuscript gräbt sich immer tiefer in seine Rahmenhandlung ein.

Bei Exit Through the Gift Shop von Banksy (ja, dem Strassenkünstler) wissen wir nicht einmal, ob es sich um einen Dokumentarfilm oder um einen kunstvollen Hoax handelt. Close-up vermischt auf ähnliche Weise dokumentarische und fiktionale Elemente und untersucht die Formbarkeit der eigenen Identität.


Filme in diesem Zyklus

Citizen Kane

17.09.24 - 19:30 Uhr
Orson Welles, USA, 1941
119 min, Blu-ray, EN/de

Hero

01.10.24 - 19:30 Uhr
Zhang Yimou, 2002, China
99 min, Blu-ray, CN/en

Close-up

08.10.24 - 19:30 Uhr
Abbas Kiarostami, IR, 1990
98 min, Blu-ray, Persian/ en

Lola Rennt

15.10.24 - 19:30 Uhr
Tom Tykwer, Germany, 1998
81 min, DCP, DE/ en

Inland Empire

22.10.24 - 19:30 Uhr
David Lynch, USA, 2006
180 min, 35mm, EN/ de

The Act of Killing

05.11.24 - 19:30 Uhr
Joshua Oppenheimer, UK, 2012
117 minutes, DCP , EN/ en

Exit Through the Gift Shop

12.11.24 - 19:30 Uhr
Banksy, UK, 2010
87 min, Blu-ray, EN/ de

The Silence

19.11.24 - 19:30 Uhr
Mohsen Makhmalbaf, Iran 1998
76min, Blu-Ray, Farsi/ en

The Saragossa Manuscript

26.11.24 - 19:30 Uhr
Wojciech Jerzy Has
182 min, Blu-ray PL/ en

Das Cabinet des Dr. Caligari

03.12.24 - 19:30 Uhr
Robert Wiene, Germany, 1920
67 min, Blu-ray

Lektionen in Finsternis

10.12.24 - 19:30 Uhr
Werner Herzog, Germany, France, UK 1992
50 min, DVD, E

Rashomon

10.12.24 - 19:30 Uhr
Akira Kurosawa, JP 1950
88 min, Blu-ray, JP / en