Kino immer anders


Alien-Invasion, Angriff einer mutierten Superechse, abrupte globale Erwärmung: Roland Emmerich findet immer wieder neue Wege um die Welt in Angst und Schrecken zu versetzen. Diese bedrohlichen Katastrophen lassen unwiderruflich willensstarke und selbstlose amerikanische Durchschnittsbürger zu Helden aufsteigen, die mit heroischen Taten den Untergang der Menschheit verhindern und unter den Überlebenden eine neue Hoffnung auf eine bessere Zukunft schüren.
In seinem neuesten Werk 2012 setzt der erfolgreichste deutsche Export Hollywoods wieder auf diese bewährte Formel. Der Held heißt nun Jackson Curtis, ein beruflich wie privat gescheiterter Schriftsteller. Die potentielle Weltzerstörungsgefahr inspiriert sich an den apokalyptischen Prophezeiungen der Maya (laut Maya-Kalender geht im Jahr 2012 die Welt unter) und geht von immer stärker werdenden Sonneneruptionen aus, welche die Erdkruste zum Schmelzen bringen. So entstehen überall auf der Welt massive Beben, die tiefe Furchen in die Erdoberfläche reißen, gefolgt von gigantischen Fluten. Um das Überleben der Menschheit zu sichern haben die G8 im Tibet riesige Schiffe gebaut, die Platz für alle wichtigen Entscheidungsträger und Superreichen bieten. Als Jackson von dem geheimen Evakuierungsplan Wind bekommt, bricht er zusammen mit Ex-Frau und Familie auf eine abenteuerliche Reise zum Himalaya-Gebirge auf.
2012 ist durchzogen von misslungenen Anspielungen und melodramatischen Momenten und versucht dem Zuschauer auf penetrante Weise ein vorbestimmtes emotionales Miterleben aufzuzwingen. Dies wird spätestens dann lächerlich, wenn der Film uns den Überlebenskampf der Protagonisten als unglaublich dramatisch und spannend verkaufen will, während überall auf der Erde Menschenmassen hilflos wegsterben. Auch der sehr anständige Cast um John Cusack, Chiwetel Ejiofor, Woody Harrelson und Danny Glover vermag das Drehbuch nicht vor dem Absturz zu retten. Natürlich darf in Mitten des selbstsüchtigen und geldgierigen politischen Systems der moralische Zeigefinger in Form des Klimawissenschaftlers Adrian Helmsley nicht fehlen. So verkommt das hollywoodtypische Ende des Films zur schmalzigen Beschwörung menschlicher Werte.
Dass 2012 trotzallem ein überaus amüsanter Katastrophenfilm geworden ist, liegt zu einem beträchtlichen Teil an der unfreiwilligen Komik seiner Schwächen, aber auch an der herausragenden Arbeit der Visual Effects Departments. Unter lautem Getöse stürzen Hochhäuser effektvoll ein und ganze Stadtviertel werden von den Höllenschlunden der Erde verschlungen. Spätestens als die fantastisch animierten Wellen ganze Gebirgszüge fluten wird klar: Noch nie wurde die Erde auf so beeindruckende Art und Weise zerstört. Das daraus entstehende Dilemma erschwert eine klare Kinoempfehlung. Einerseits ist 2012 aufgrund der eklatanten Schwächen sein Eintrittsgeld nicht wert, andererseits sollten Interessierte sich den Film unbedingt im Kino ansehen, denn nur auf einer großen Leinwand entfaltet die beeindruckende Zerstörungsorgie ihre volle Pracht.

Florian Schmitz


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