Kino immer anders


Tannöd, der neue Film der Erfolgsregisseurin Bettina Oberlin (Die Herbstzeitlosen), ist zwar sehr unterhaltsam aber nicht ganz so rund, wie man sich das erhofft hatte. Kathrin reist für die Beerdigung ihrer Mutter zurück in das Dorf, in dem sie geboren wurde. Sie war lange nicht mehr hier und zwar vor allem deshalb, weil zwei Jahre zuvor Fürchterliches geschah. Etwas abgelegen vom Dorf und nur ein Fussmarsch quer durch den dunklen Tannenwald entfernt liegt Tannöd, der Mordhof, in dem in einer furchtbaren Nacht eine ganze Familie samt Kinder und Magd mit einer Spitzhacke brutal erschlagen wurden. Gründe gibt es viele, denn die Danners waren schon immer die Aussenseiter im Dorf und Feinde hatten sie an jeder Ecke, aber ein Täter wurde nie gefasst.

Tannöd erzählt die Geschichte aus der Perspektive der verschiedenen Dorfbewohner. Jeder weiss alles über alle anderen und doch kennt keiner wirklich die Wahrheit und jene, die sie vielleicht kennen, schweigen. Das Dorf ist geplagt von den Vermutungen und gegenseitigen Schuldzuweisungen und so flüchtet man sich generell im Wissen, dass es mit den Danners schon die richtigen getroffen hatte.

Kathrin wird mitten in dieses Spannungsfeld geworfen und damit schnell Teil der absurden Anschuldigungen. Gemeinsam mit ihr versucht der Film aus den verschiedenen Sichtweisen der Dorfbewohner die Geschehnisse jener grausamen Nacht zu rekonstruieren. Durch die verschiedenen Erzählungen werden einige der Geschehnisse mehrfach gezeigt und unterscheiden sich dabei aber voneinander, sodass es Kathrin, respektive dem Zuschauer, überlassen bleibt, den Tathergang  zu interpretieren. Dabei bleibt leider manchmal die Motivation der Backflashes zur Mordnacht etwas auf der Strecke, was schade ist, denn der Ansatz ist sehr spannend und funktioniert über weite Strecken des Films hervorragend. Der Film ist auch zu wenig konsequent und zum Schluss weiss man fast zu viel, so dass der Film nicht zum langen Nachdenken und Rätseln anregt. Das ist schade, denn der Erzählstil ist überzeugend eingesetzt und macht die Geschichte über weite Strecken sehr packend. Der kalte visuelle Stil trägt zudem dazu bei, dass die Geschichte zunehmend unheimlich wird, vor allem wenn die Figuren durch den dunklen, vernebelten Wald gehen, zum Mordhof der Danners. Die Schauspieler, allen voran Julia Jentsch als Kathrin und die im März dieses Jahres verstorbene Monica Bleibtreu als Traudel, die Schwester der ebenfalls ermordeten Magd, überzeugen in diesem stimmungsvollen Film.

Eliane Knecht


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