Endlich Urlaub. Rockstar Marianne Lane macht es sich mir ihrem Freund, dem Dokumentarfilmer Paul, auf der Insel Pantelleria südlich von Sizilien gemütlich. Keinen Stress, keine Tournee, keine Drogen und Partys, sondern dekadent und mit viel Ruhe das Leben am Meer genießen. Doch das Unheil kündigt sich sogleich auch an, in Form des Schattens eines Flugzeugs, der über die beiden in der Sonne liegenden Körper vorbeizieht. An Bord befindet sich Harry, ehemaliger Liebhaber und Ex-Manager Mariannes, der sich mit seiner jungen Tochter Penelope – von deren Existenz er erst kürzlich erfahren hat – in der Villa des Paares breitmacht.
Mit dem Bedürfnis der beiden Gastgeber nach Idylle und Entspannung kann der impulsive und ignorante Harry nichts anfangen. Er plappert ohne Punkt und Komma, tanzt exzentrisch zu Musik aus den guten alten Zeiten, lädt ungefragt Gäste ein, lässt sich regelmäßig volllaufen und springt spät nachts in den Pool. Das harmonisiert so gar nicht mit der Ruhe, die vorher herrschte, weil Marianne nicht sprechen kann, da sie ihre Stimme nach einer Operation schonen muss, und weil Paul, trockener Alkoholiker, sowieso der introvertierte und leicht depressive Typ ist.
Unter der Oberfläche brodelt es gewaltig, denn Harry provoziert mit seinem Verhalten seinen Kontrahenten Paul, da er eigentlich gekommen ist, um Marianne zurück zu erobern. Obendrein ist da noch seine attraktive Tochter, die meist von Außen das Geschehen analysiert und die Teilnehmer mit frechen Fragen und Andeutungen, zusätzlich zur Zurschaustellung ihres jungen Körpers, manipuliert. Die Weichen sind gestellt und verschiedene, mal mehr, mal weniger angerissene Konflikte, schaukeln sich im Laufe des Films langsam und wenig überraschend hoch.
Luca Guadagninos A Bigger Splash (ein Remake von Jacques Deray’s Klassiker La Piscine von 1968) ist ein Spiel mit Verführung und Lust, mit Macht und Lügen, eingebettet im Hedonismus von reichen Menschen, die, außer sich selbst, keine Probleme haben. Der letzte Aspekt drängt sich in dieser Adaption unweigerlich auf, da, durch den neuen Schauplatz auf einer Insel unweit von Lampedusa, viele Flüchtlinge stranden. Es bleibt aber nur bei einem halbherzigen Kommentar, mehr Tiefe oder neue Dimensionen gewinnt das Ensemblespiel nicht. Dieses lebt fast ausschließlich von den tollen Darstellern, insbesondere Ralph Fiennes zieht eine lustvolle und manische Show ab, der man als Zuschauer genauso erliegt, wie die Menschen um ihn herum. Seine Figur steht so fest im Mittelpunkt, dass die anderen etwas verblassen, was aber keinesfalls an den Schauspielern liegt. Gerade Tilda Swinton ist faszinierend, wie sie sich, obwohl meistens stumm, durch ihre Körpersprache trotzdem auszudrücken vermag. Anscheinend war es ihr eigener Vorschlag, ihre Figur nicht sprechen zu lassen.
Guadagnino versucht seiner Adaption auch durch die Inszenierung einen eigenen Stempel aufzudrücken. Immer mal wieder erhascht sich die Kamera mit seltsamen hastigen Schwenks und Zooms auf Gegenstände (speziell auf die Reflexionen der Sonnenbrillen) ihre Aufmerksamkeit. Am Ende bleibt es bei einem inhaltlich zu einfachen und dramaturgisch zeitweise unausgeglichen Ensemble-Film vor herrlicher Kulisse, der aber durch den tollen Cast und der zum Teil eigenwilligen Inszenierung trotzdem unterhält.
Federico Chavez