Kino immer anders


Für die, die sich die letzten Jahre in einem Kloster versteckt und das Jahrhundertphänomen Fifty Shades of Grey verpasst haben, das Wichtigste in Kürze: Die schöne und schüchterne Studentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) interviewt für ihre Studentenzeitung den schönen und selbstbewussten Milliardär Christian Grey (Jamie Dornan), der in ihr sofort die perfekte Kandidatin für seine ausgefeilten Fesselspielchen im Schlafzimmer sieht. Einen Helikopterflug, einen geschenkten Neuwagen und viele neue Abendkleider später hat Mr. Grey Anastasia emotional genug weichgeklopft, dass sie sich nun von ihrem Beau auch handfester weichklopfen lassen will. Es beginnt eine Lack-und-Leder-Beziehung, in der Anastasia an ihre physischen und psychischen Grenzen stösst.

Wie gross wäre das Potential gewesen, die frivole Peitschen-Saga in eine kultige trashig-selbstironische Groteske, in ein schmuddeliges Guilty-Pleasure-Filmchen umzusetzen. Stattdessen liefert Fifty Shades of Grey Hochglanzbilder von hübsch anzuschauenden Menschen, die zu Klängen von Beyoncé kopulieren. Besonders wenn dabei auch noch Handschellen und Lederriemen involviert sind und einem die zahlreichen unbeholfenen Sexszenen als verrucht und wild verkauft werden, regen sich einem mehr die Lachmuskeln als etwas anderes. Das Drehbuch von Kelly Marcel liefert zu Beginn wenigstens noch einige witzige Dialoge zwischen den beiden Hauptfiguren. Spätestens aber als die Schlagabtausche nicht mehr verbaler Natur sind und auch noch eine tragische Hintergrundstory für Greys aussergewöhnliche Vorlieben aus der Mottenkiste ausgegraben wird, kapituliert das Skript vor dem Fehlen jeglicher stringenter Handlung der Buchvorlage. Und da es natürlich auch die anderen zwei Bücher der Trilogie auf die Leinwand schaffen sollen, wird auf einen dritten Akt grad ganz verzichtet und das Publikum wird stattdessen mit einem Cliffhanger entlassen, der auch keine Lust auf mehr Geschichten aus dem Sado-Zimmer macht. Dann doch lieber guter Blümchensex.

Claudio Fuchs


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