Kino immer anders


I, Tonya ist die adrenalingeladene Filmbiografie der amerikanischen Eiskunstläuferin Tonya Harding, die wegen ihrer Verbindung zu einem Attentat auf eine Konkurrentin 1994 vom Sport ausgeschlossen wurde. Neben Margot Robbie, die für ihre Darbietung als Tonya schon einige Awardaufmerksamkeit geerntet hat, brillieren ein untypisch unattraktiver Sebastian Stan in der Rolle des Gatten und Allison Janney als sadistische Helikoptermutter.

Der Film wird eindeutig von seinen exzentrischen Schauspielern getragen, die der Verfilmung eine prägnante Note verpassen. Doch auch wenn Regisseur Craig Gillespie seine Schauspieler in den Vordergrund stellt, schafft er es mit seinem unfokussierten Format – irgendwo zwischen Mockumentary und dramatischem Oscar-Film – nicht, der geladenen Thematik gerecht zu werden. Das grundsätzliche Problem von I, Tonya ist es, dass die Charaktere nicht als echte Figuren wahrgenommen werden. Stattdessen werden sie zu blossen Karikaturen reduziert, sodass der Film zunehmend herablassend wirkt.

Ähnlich zur Wettkampfjury, die Tonya als archetypische Eislaufprinzessin sehen will, nimmt I, Tonya eine Aussenseiterposition ein, die auf Harding und ihre Familie herabschaut und so dem Publikum erlaubt über statt mit ihr zu lachen. Angestrengte Versuche von sozialer Gerechtigkeit, wie Tonyas Ansprache in die Kamera, die das Publikum und ihre Sensationsgeilheit anprangert, wirken da eher plump und vergrössern den Abstand zwischen Zuschauer und Figur nur noch mehr.

Die unermüdlichen Montagensequenzen zu 80er Jahre Pop halten einen bei der Stange ohne aber einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Alles in allem schafft es Gillespies Eislaufmusical nicht den Kern der Tonya Hardings Geschichte zu behandeln und besteht seinen Lauf nur mit durchschnittlichen Noten.

Andri Erdin


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