Kino immer anders


Ein kleiner, überbegabter Junge (er ist gut in Mathe, die Fachbegriffe der Biologie sind ihm geläufig) und sein pubertierender älterer Bruder (er hat Kopfhörer der Marke Beats und ein Handy der Marke Samsung) gehen in den Sommerferien ihre erfolgreiche Tante Claire auf der Dino-Insel besuchen. Währenddessen lassen sich die Eltern zuhause scheiden. Das Thema Familie ist innert Kürze etabliert.

Tante Claire lebt auf der Dino-Insel und macht dort irgendwas mit PR und Unternehmensberatung für den Dino-Vergnügungspark. Sie trinkt gerne Starbucks Café, fährt Mercedes, ist hübsch, gescheit und meistens selbstbewusst – ausser sie trifft auf ihren Schwarm, Owen, den Dino-Flüsterer – dann scheint sie ein wenig zu erblassen. Owen trinkt seine Cola-Zero kalt und fährt ebenfalls Mercedes, die beiden haben also etwas gemeinsam. Der Owen hat‘s einfach drauf. Der hat eine Beziehung zu den Dinos aufgebaut, denn er war bei der Navy und ist nun Dompteur von so fiesen kleinen Rezeptoren (so hiessen die Echsen, glaube ich).

Claire nimmt ihre Arbeit wirklich ernst und da die Zuschauerzahlen im Park schwinden, hat sie eine neue Attraktion in Auftrag gegeben. Ein genmanipuliertes Dino-Monster soll gezüchtet werden und wieder richtig Geld in die Kassen spülen. Hinterhältige Militärs und Wissenschaftler unterstützen dieses Projekt. Den I-Rex (Indominus Rex) wollen die einen als Waffe und die anderen als Spektakel für die Massen missbrauchen. Owen kritisiert dies aufs schärfste. Das kann ja nicht gut gehen, denkt man sich, weil der Owen hat recht. Die Spannung steigt. Man atmet schneller und die vor Anspannungsausdünstungen angedampfte 3D-Brille zittert auf der Nase. Der Mund wird trocken, etc. Und dann geschieht das Unglaubliche, der I-Rex bricht aus und er ist schlau, denn er kann kommunizieren und in erster Linie will er töten und Blut fliessen sehen und er frisst sich Richtung Vergnügungspark und wir sehen Autos der Marke Mercedes und Handys der Marke Samsung, Dschungel und Action und Action und Action und Action. Hätte man doch einfach mal die ursprünglichen Dinos Dinos sein lassen. Aber nein, man musste mit Genen im Labor rumspielen und ein Monster erschaffen und das kann einfach nicht gut gehen. Alles, weil wir so geldgierig sind. In diesem Sinne ist das ein äusserst gesellschaftskritischer und selbstreflexiver Blockbuster, hüstel, hüstel.

Am Schluss kämpfen Dinos gegen Dinos und Menschen gegen Menschen und Menschen mit Dinos gegen Menschen und umgekehrt und man denkt sich, das kann doch einfach nicht gut gehen und dann geht doch alles gut. Und alles, was bei diesem Film wirklich zählt, ist die Liebe. Die Liebe der Familie, zu den Kindern, unter den Geschwistern und auch zum Dino-Flüsterer und die Liebe zur Natur und der respektvolle und nachhaltige Umgang mit ihr und auch der subtile Umgang mit dem Product Placement. Das ist einfach ganz, ganz wichtig und das wird einem während dem Film allmählich bewusst. Besinnen wir uns abschliessend und stellen wir uns eine wichtige Frage: Ist mehr nicht auch manchmal einfach weniger? Gewiss, würde Owen sagen, ganz gewiss.

Emanuel Signer


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