Kino immer anders


Eric Bishops Leben ist nicht gerade zu beneiden. Er kommt nicht darüber hinweg, dass er seine Frau Lily und seine Tochter Sam  vor 30 Jahren verlassen hat, sein Zuhause gleicht dank seinen zwei pubertierenden Jungs, die allmählich auf die schiefe Bahn geraten, mehr einer Müllhalde und  sein Job als Pöstler ist auch nicht gerade prickelnd. Da helfen selbst die Witze seiner bierseligen Arbeitskollegen und die Fussballabende im Pub nicht, um Eric aus seinem Dauertief zu holen. Kein Wunder greift der verzweifelte, hagere Eric auch mal zum Marihuanavorrat seines Sohnes.

Was sich zunächst anhört wie ein weiteres Sozialdrama der Arbeiterklasse aus Loachs Feder, entwickelt sich allmählich zu einem unterhaltsamen, leichtfüssigen Feel-Good-Movie. Denn plötzlich steht Cantona, der Ex-Fussballprofi von Manchester United, höchstpersönlich in Erics Zimmer, und erteilt ihm Lektionen fürs Leben. Cantona, im Gegensatz zu Eric stark und männlich, scheint alles zu gelingen. Neben Fussball spielt er nämlich auch noch Trompete, tanzt Rock`n Roll, scheint die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, und ausserdem hat er diesen sexy „French accent“, von dem Eric mit seinem derben Dialekt nur träumen kann. Cantona bringt dies denn auch mit folgender Aussage auf den Punkt: „I am not a man. I am Cantona“.  Solche Sprüche machen Spass, andere Lebensweisheiten  des Fussballers erscheinen zuweilen etwas platt und ermüdend.

Der Plot erhält eine neue Richtung, als Eric herausfindet, dass sein Sohn eine Waffe für einen Mafioso versteckt. Dank dem Personaltrainer Cantona beginnt Eric, der sich bis anhin alles hat bieten lassen, erstmals ordentlich auf den Tisch zu hauen. Zudem stellt er sich endlich seiner Vergangenheit, indem er sich mit Lily ausspricht. Die Fussballphilosophie scheint also zu funktionieren. Und was lehrt sie uns sonst noch? „Du kannst deine Religion wechseln oder deine Frau, aber niemals deinen Fussballclub“, sagt einer von Erics Pubkollegen. Und so ist es denn auch die Solidarität der Manchester United-Fans, die Eric aus dem Schlamassel, in das er durch seine kleinkriminellen Söhne geraten ist, befreit. In der eindrücklichsten Szene, der „Operation Cantona“, stürmen Hunderte von Fans das Haus des aristokratischen Mafiasöhnchen, um ihm ordentlich die Leviten zu lesen. Hier schimmert denn auch wieder Loachs sozialistisches Anliegen hindurch. Ansonsten lehnt sich looking for Eric ganz ans massentaugliche Unterhaltungskino an – inklusive Happy End. Es ist den normalsterblichen Schauspielern, die ihre Rollen sehr glaubhaft verkörpern, und den realitätsnahen Aufnahmen zu verdanken, dass der Film nicht dem Kitsch zu verfallen droht.

Anja Schulthess


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