Kino immer anders


Who the f*** is Paul Bowles? Liebhaber der Künste aufgepasst! Mit dem anspruchsvollen Dok-Streifen Paul Bowles: The Cage Door Is Always Open wird Tribut an einen US-amerikanischen Schriftsteller gezollt, der dank seines Musiktalents auch mit einigen Kompositionen auf sich aufmerksam macht. Durch seinen Bestseller-Roman The Sheltering Sky wird Paul Bowles im Jahre 1949 international bekannt. Der US-Gesellschaft abgeneigt, flüchtet er Ende der 1940er Jahre nach Marokko und lebt mit seiner lesbischen Ehefrau Jane Auer Bowles in der Hafenstadt Tanger, deren Zauber und Bann ihn nie mehr loslassen. Dieser magische Ort gilt bis Mitte der 1960er Jahre als Mekka für Aussteiger, Jetsetter und Schriftsteller (Truman Capote u.a.). Neben seiner Berufstätigkeit fasziniert Paul Bowles die landesübliche Musik. So nimmt er in den entlegensten Gebieten Marokkos eine Bandbreite von traditionellen Musikstücken auf und verschafft dem Land ein einzigartiges, auf Tonträger festgehaltenes Kulturerbe. Regisseure (Bernardo Bertolucci und John Waters), Künstler der Literatur- und Musikwelt (Gore Vidal u.a.) und Bowles Freunde geben Auskunft und unterhalten mit Anekdoten. Auch die tragende Figur, Paul Bowles in persona, kommt zu Wort – in seinem allerletzten Interview. Überbrückt werden die verschiedenen Befragungsauszüge mit Fotos und kunstvollen Animationen, die etwas wirr und ungestüm über die Leinwand flimmern – in Anbetracht des Kif rauchenden Bowles jedoch gut zu passen scheinen. Der Dokumentarfilm kann zwar nicht mit neuartigen Mitteln überraschen, doch vermochte der amerikanisch-schweizerische Regisseur das abenteuerliche Leben von Bowles (1910-1999) anregend zu portraitieren und ruft uns in Erinnerung: „The Cage Door Is Always Open“.

Lorenzo Berardelli


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