Kino immer anders


In diesem Zyklus geht es um die Enfants Terribles des Kinos, um zensierte und verbotene Filme. Was hat man sich darunter vorzustellen? Was gibt es denn so für verbotene Filme? Wie war es denn, die 12 geeignetsten zu finden? Und liessen sie sich alle problemlos besorgen?

Zum einen wäre da eine gewisse Doku, die auch teils ein experimenteller Spielfilm ist, welche von der Regierung des Produktionslandes verboten wurde, und die heute noch im Besitz dieses Landes ist. Herausgegeben wird dieser Film nur, wenn die Behörde sicherstellen kann, dass die Zuschauer nicht Gefahr laufen, mit dem Inhalt des Films einverstanden zu sein. Die Doku befindet sich praktisch im Giftschrank und man darf den Film nur als Lehrmittel betrachten. Ähnlich wie man in Deutschland die Filme von Leni Riefenstahl meist nur mit Begleitkommentar in der Öffentlichkeit zeigt. So wurde uns der Zugang zum Film erschwert und schlussendlich konnten wir ihn leider nicht ins Programm aufnehmen.

Am zahlreichsten fielen der Programmationsgruppe ganz viele sexuell geladene Filme entgegen. Ein Mitglied meinte sogar, wir sollten den gesamten Zyklus „We Looked At So Many Dicks For This One“ nennen. Zum Beispiel war da „Caligula“ (Tinto Brass, I/US 1979), praktisch ein zweieinhalbstündiger Porno, der im alten Rom spielt. Pasolini schockierte nicht nur mit „Salò“ (Pier Paolo Pasolini, I/F 1975), der es schlussendlich ins Programm geschafft hat. Nein, auch „The Canterbury Tales“ (Pasolini, I/F 1972), „The Decameron“ (Pasolini, I/F/BRD 1971) und „Teorema“ (Pasolini, I 1968) spriessen vor Sex, Homosexualität und Obszönitäten. Wir sind zwar alles erwachsene und aufgeklärte Leute, doch irgendwann hatten wir von all den Schweinereien durchaus auch genug. Ein Mitglied meinte auch, dass ein passender Zyklustitel „Nicht mal als Porno gut“ sein könnte.

Doch nicht immer waren Filme nur verboten, weil die Gesellschaft damals einfach zu prüde war. Der Film „Maladolescenza“ (Pier Guisseppe Murgia, I/BRD 1977) zeigt zwei elfjährige Mädchen in den Hauptrollen. Von ihren Eltern und dem Produktionsteam wurden sie gezwungen einige (sehr laszive) Szenen komplett unbekleidet zu spielen. Derartige Sexualisierung so junger Menschen fiel natürlich unter das Kinderpornografiegesetz der BRD. Unsere Augen haben wir danach gründlich mit Spüli gewaschen, und nach dem jüngsten Gericht landen wir alle ganz sicher in der Hölle dafür …

Grenzen wurden auch im guten Geschmack, also in unserem Geschmack, übertreten: Zum Film „Cannibal“ (Marian Dora, DE 2006) meinte ein Mitglied, es hätte niemals davor einen schlechteren Film gegeben, noch werde es in der Menschheitsgeschichte je wieder so einen Augenschmerz geben. „The Last Tango in Paris“ (Bernardo Bertolucci, F/I 1972) zeigt eine sexuelle Handlung, die nicht im Einverständnis der Schauspielerin Maria Schneider geschah, was klar jenseits des ethisch Vertretbaren liegt. Auch der von Mafiageldern finanzierte Porno „Deep Throat“ (Gerard Damiano, US 1972) sorgte selbst bei uns für allerlei Empörung. Wie man sich denken kann, schauen wir diese Art von Filmen niemals ganz fertig.

Doch die Skandalfilme machten uns nicht nur beim Visionieren müde. Nach erstelltem Programm machten wir uns daran, die Werbematerialien zu kreieren. Und da wurde uns doch tatsächlich verboten, entblösste Körper in der Werbung zu zeigen. Stattdessen erscheinen die Darsteller von „Salò“ mit verpixelten Genitalien. Jä nu.

Und so stehen wir jetzt da, haben etliche nackte, entstellte, verletzte, perverse Körper gesehen, auch politisch radikale und aufrührerische Filme, tote Tiere – einfach alles was mal skandalös war und auch uns empören konnte, und präsentieren euch stolz 12 repräsentative Filme der filmischen Repression! Viel „Vergnügen“!

Carlos Hartmann


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