Ein Film der berührt und so ganz unterschiedlich von den Zuschauern aufgenommen wurde: Song to Song von Terrence Malick. Zwei unserer Filmstellerinnen haben sich den Film angeschaut und ihn ganz unterschiedlich gesehen und bewertet: Lest hier zunächst die Kritik von Natalia (auf Englisch) und gleich im Anschluss die Kritik von Silvana (auf Deutsch).
Song to Song – A puzzled memory by Terrence Malick
by Natalia Sierra ★★☆☆☆
When hearing about Terrance Malick’s new work, including a trendy and talented cast;Emmanuel Lubezki behind the camera and the musical scene in Austin TX; both, criticsand audience grow in expectations. This time Ryan Gosling, Michael Fassbender and Rooney Mara are on screen to recreate Malick’s vision of the music business and the people who makes it.
Don’t worry, we are not talking about LA LA LAND.
The themes of the film are clear: love, ambition, lost and self-seeking. There is a constant search of something missing in human’s existence, an absence of purpose and the intent to find one. People wander in time and space with eagerness to connect with other people through love. They find themselves drawn by nature, architecture and music.
SONG TO SONG unfolds itself from a diffuse love triangle in the music scene of Austin, Texas. Cook (Michael Fassbender), a selfish and powerful music producer has Faye (Rooney Mara) under his wings by promising her fame and stability. She plays the modern damsel in danger pretty well and sticks under his deal without protesting too much until, a young musician BV (Ryan Gosling) trying to make his way by singing in bars and small venues appears in the picture. They meet in one of Cook’s eccentric parties and start a romance. Cook finds BV talented and offers him to take him far and beyond in the industry, he accepts the deal.
Strangely the three of them become inseparable. When being together the ease decreases and they seem happy and somehow fulfilled. The boundaries are blurry. Both of the guys fight for Faye’s attention and time, she falls for BV’s sincerity but is not able to leave cook. So things get complicated.
Escaping from the no-strings-attached romance all of them meet someone else. Faye starts an affair with a french woman. Cook marries a lonely waitress Rhonda (Natalie Portman) and BV dates an older woman (Cate Blanchet). These new relationship bring them to different ways of desperation and grief. Trying to find reasons to go on when arduous moments appear, they intent to recover the feelings the experienced when being with the other two, unsuccessfully. The scars are now too deep and their own decisions takes them to various directions.
The problem is how the characters journey is given to us. The plot is presented in such disjointed and puzzled manner, that one can easily loose interest. A lot of potential of the characters development is roughly followed and instead overlapped with the entrance of new ones, constant jumps in the time time line and repetitive scenes.
Naturally Song to Song presents lavish frames and Emmanuel Lubezky’s camera does the job well presenting this dreamy and vague scenario. In this case too much attention on how beautifully the actors move in front of the camera stole the exploitation to a story that could have had a much wider exploration to it.
Hopefully you will watch it and see how tuned Song to Song sounds to you. ♪
SONG TO SONG – We thought we could just roll and tumble, live from song to song, kiss to kiss
von Silvana Rohner ★★★★☆
Song to Song handelt von Liebe, Leidenschaft, Ambitionen und Musik. Es sind in sich verschlungene Liebesgeschichten unserer selbstverliebten, immer nach sich selbst suchenden, Zeit. Die Handlung spielt und lebt von der Musikszene und Festivals in Austin, Texas, ein Mekka für alle die Rang und Namen haben und für alle die sich erträumen Teil davon zu sein. Es treffen vier Personen aufeinander die sich ineinander verlieben, miteinander oder allein leiden, auseinandergehen und sich ganz ihrer Leidenschaft hingeben.
Faye (Rooney Mara) und BV (Ryan Gosling), zwei Singer-Song-Writers, und Musik Mogul Cook (Michael Fassbender), der eine Affaire mit Rhona, einer Kellnerin und Kindgartenlehrerin, gespielt von Natalie Portman (grossartig, aber leider wird ihr nicht genug Spielzeit gewährt), hat. Faye ist in BV verliebt, hat aber auch eine leidenschaftliche Beziehung zu Cook. Dann erscheint auch noch Cate Blanchett, die mit Ryan Gosling anbändelt. Faye hat zwischendurch eine Affaire mit Zoey (Bérénice Marlohe). Neben den Liebesbeziehungen stehen auch die Elternbeziehungen im Zentrum. Holly Hunter ist Natalie Portmans Mutter, die alles für ihre Tochter tut. Ryan Gosling kümmert sich um seinen todkranken Vater (Neely Bingham) und seine Mutter (Linda Emond) scheint geradezu in ihn vernarrt, fast verliebt in ihn zu sein.
Eine Recherche ergibt, dass der Titel Song to Song sich auf das Hohelied Salomos aus dem Buch Tanachs im Alten Testament bezieht. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von zärtlichen, teilweise explizit erotischen Liebesliedern, in denen das Suchen und Finden, das Sehnen und gegenseitige Lobpreisen zweier Liebender geschildert wird. Im Film wird dies durch die küssende, schöne Leute, die sich im Kreis drehen, entweder zusammen oder eigene Kreise spinnen, in stimmigen Bildern dargestellt.
Durch die Szenen in der Musikszene von Austin und durch das Erscheinen verschiedener Musikstars wie Iggy Pop oder Patti Smith scheint vieles improvisiert zu sein und der Film erhält fast einen dokumentarischen Charakter unserer Zeit. Die einzelnen Namen werden unwichtig und nur der Fluss zwischen den einzelnen Szenen ist wichtig. Als roter Faden könnte man den Voice-Over betrachten, wie man ihn schon aus anderen Malick Filmen kennt.
Mit Song to Song fällt Malick ganz aus dem Rahmen der heutzutage fast zu klassischen Filmnarration. Die Schauspieler verheddern sich nicht in formularischen Reden und die Story wird nicht in ein paar standardisierte Akte aufgeteilt, sodass man fast intuitiv vorhersagen kann was passiert. Es gibt keine Narration und auch keine zusammenhängende Geschichte. Song to Song ist gewissermassen in Sektionen aufgeteilt, die für sich stehen und so auch im Film szenographisch konstruiert werden. Die Welt von Cook ist das Showgeschäft, eine carnivalesque Welt der Sehnsucht, Leidenschaft und Verführung, gefüllt mit wirbelenden Körpern die mal auf einer Bühne, mal im Taumel der Menge kollidieren oder mal sich erotisch auf Fussböden winden. Immer auf Suche nach mehr als bloss die weltlichen, fliehende sensuelle Momente. In einer Welt in der es um Schein und Sein geht, wird durch die allegorischen Bilder und träumerische Szenographie eine mythisch-spirituelle Ebene des Seins vermittelt. Die magische Bilderwelt ist dank dem Kameramann Emmanuel Lubezki wunderschön.
Der ständige Fluss der Bilder und die teilweise sehr lose Geschichte ist zugleich die Stärke und Schwäche des Films. Als Zuschauer lässt man sich entweder von den Bildern verzaubern und im Bann ziehen, oder man verliert sich in der Geschichte, die zuweilen zu fragmentarisch wirkt.
Musikfans, die sich auf schön gefilmte Performances ihrer Lieblinge freuen, seien vorgewarnt. Der Zuschauer erhascht Bilder hinter der Bühne, aber es werden keine Shows gefilmt. Patti Smith, die eine starke Sängerin und Bühnenpräsenz hat, wird nur im Dialog mit Faye gezeigt. Schade, denn auf der Leinwand ist Patti Smith weitaus stärker als Mara. Hier ist der zweite Kritikpunkt. Malick vermag es nicht, trotz Staraufgebot der Musik- und Hollywoodszene, den Stars gerecht zu werden. Viele kommen zu kurz, wie Patti Smith oder Natalie Portman, andere hätte man ruhig anders gestalten können, wie Rooney Mara oder gar Ryan Gosling.
Alles in allem ein schöner Film unserer Zeit, der an Instagram, Openairs, Musikclips und Hipster erinnert und zugleich zu tiefst menschlich ist in seiner Suche nach dem Sein in einer sich ständig veränderten Welt ist.