Kino immer anders


„Sex wird niemals seine Anziehungskraft verlieren – nie, nie, nie. Es ist nun mal so, dass jeder durchschnittlich normale Mann ein hübsches Mädchen am liebsten ohne Kleider sieht.“

Ganz nach diesem Moto gestaltete Paul Raymond ab 1958 seine Karriere im Londoner Stadtteil Soho und avancierte durch die Gründung von zahlreichen Stripclubs und einem Verlag für Soft-Porno Magazine zum „King of Soho“.

Das Leben dieses – mehr oder weniger – faszinierenden Mannes wird einem im Spielfilm The Look of Love als schillernden Cocktail serviert: Champagner, Autos, Drogen und viele schöne, nackte Frauen bilden den Dekor für den Aufstieg von Paul Raymonds Erotik-Imperium und schmücken seine angelblich führende Rolle in der Liberalisierung des verklemmten Englands.

Steve Coogan, der schon immer in einen Film Paul Raymond verkörpern wollte, spielt die Hauptrolle durchaus gekonnt und würzt den Film mit viel britischem Humor. Der Soundtrack tut ebenfalls alles um einen im Swing der Sechziger mitzureissen, aber offensichtlich genügte es dem Regisseur Michael Winterbottom nicht, eine witzige Celebrity-Aufstiegsgeschichte zu verfilmen: Um seinem Meer aus Glitzer doch noch etwas Tiefe zu verleihen, konzentriert er sich in der zweiten Hälfte des Films auf Raymonds Beziehung zu seiner Tochter. Debbie Raymond galt als Erbin des Imperiums und ihr Tod an einer Überdosis Heroin bildet den pseudo-tragischen Schluss der Raymond Biografie – ihr Vater zog sich danach aus der Öffentlichkeit zurück.

Insgesamt ist The Look of Love ein durchaus unterhaltsamer Film mit einigen filmtechnischen Besonderheiten. Aber wieso war Paul Raymond es wert, seine Biografie verfilmt zu kriegen? Diese Frage bleibt leider bis zum Schluss ungeklärt.

Cécile Hauser


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