Kino immer anders


Rein zufällig stiess Julie Bertuccelli auf das Buch Cousin Our Father who art in the Tree von Judy Pascoe und war sogleich fasziniert von der Idee, einen Baum als zentrale Figur zu berücksichtigen. Mittels wunderschönen Aufnahmen und einfühlsamen Charakteren ist es ihr gelungen, dem Baum den ganzen Film hindurch Leben einzuhauchen und für sich selbst sprechen zu lassen.

In den ersten Minuten des Films, der in Australien spielt, wird dem Zuschauer die heile Welt der glücklichen Familie O’Neil abseits der Zivilisation präsentiert. Diese Idylle wird durch den plötzlichen Tod des Vaters zerstört und stürzt alle Familienmitglieder in eine emotionale Krise, die jedes auf seine Art zu bewältigen versucht. Die Hauptcharakteren sind jedoch Dawn, die Mutter, die zunächst apathisch auf den Tod ihres Mannes reagiert, und die 8-jährige Tochter Simone, die felsenfest davon überzeugt ist, dass die Seele ihres Vaters im Baum neben dem Haus weiterlebt und über sie wacht. Durch sanfte und wunderschöne Aufnahmen vermischt sich mit der Zeit ihre Fantasie mit der Wirklichkeit, sodass alle Familienmitglieder im stillen Einverständnis nach und nach die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Simone Recht hat. Als aber Dawn sich in einen andern Mann verliebt, scheint der Baum sich gegen sie zu wenden und stellt die Familie auf eine harte Probe.

Die einzige Kritik ist: Die anderen Familienmitglieder erscheinen im Gegensatz zur trotzigen Simone und der einfühlsamen Mutter unnahbar und zum Teil auch unwichtig. Vielleicht wäre es besser gewesen, das zwiespältige Verhältnis der Mutter-Tochter-Beziehung weiter auszubauen. Alles in allem ist The Tree ein ruhiger Film voller Poesie und Zartgefühl, der über Liebe, Leben und Tod nachdenken lässt.

Silvana Rohner


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