Wenn man in den Semesterferien unterbeschäftigt ist und Lust auf filmisches Seele-baumeln-lassen hat, empfehle ich die Filmperle „As I Was Moving Ahead Occasionally I Saw Brief Glimpses of Beauty“.
Man bekommt in diesem Film absolut alle Homevideos des amerikanischen Poeten Jonas Mekas zu Gesicht, zusammengefasst auf die knappe Länge von fünf Stunden. Gut geschnitten (Einflüsse von Stan Brakhage, ein amerikanischer Experimentalfilmregisseur), interessant mit Sound hinterlegt und einfach… einzigartig.
Es ist ein halbes Jahr her, dass ich den Film gesehen habe und noch wirkt er nach. Ich fühle mich nämlich als ob ich das Leben im New York der 80er tatsächlich kenne. Fünf Stunden gab es nichts anderes, als die Aufnahmen und die Gedichte von Jonas Mekas.
Er blickt auf 25 Jahre Leben zurück, philosophiert, dichtet, singt, lallt, lacht und liebt ungehindert ins Mikrofon. Ja, er wird manchmal prätentiös und pathetisch, ja, der Mann ist ohne Ende gerührt, ja, er kann nicht wirklich singen und seine Philosophie ist mehr ein Strom ungehinderten Schwärmens, aber genau das macht es aus.
Mekas ist nicht auf die Sternstunden der Kunst aus, sondern auf ein Porträt seiner Zeit auf diesem Planeten und seiner ehrlichen Erfahrung davon. Seine befreundeten Poeten wie Ginsberg sehen das ähnlich: der Alltag als authentischster Ausdruck der menschlichen Leidenschaften. Das Leben als ein Strom unwichtiger Szenen, Identität, die immerzu in der Gegenwart verloren ist.
Das ist alles ganz im Geiste seiner poetischen Schule, der Beat Generation. Diese Schriftsteller orientierten sich unter anderem an William Carlos Williams, der für sich feststellte: „Beauty is not related to loveliness, but to a state in which reality plays a part.“
Dieses Künstlerportrait ist radikal real und darum für uns eine Gelegenheit, so richtig anhand eines Films zu reisen. Der perfekte Film fürs Einhüllen und Tee trinken also!
Carlos Hartmann