Wenn in Hollywood ein Genre gerade „en vogue“ ist, werden natürlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, möglichst viel Erfolg aus diesem herauszuquetschen. Die Rede ist hier aber nicht von Sommer-Blockbustern oder Animationsfilmen, sondern von den so genannten Independent-Comedies. In den letzten Jahren haben sich mit bestechender Regelmässigkeit Filme wie „Little Miss Sunshine“, „Sideways“ oder „Juno“ durch zahlreiche Oscar-Nominationen grosses Gehör und eine treue Fangemeinde geschaffen. Die diesjährige Nachfolge tritt nun „Away We Go“ an und zwar von keinem geringeren als „American Beauty“-Regisseur Sam Mendes. Nach dem äusserst schwer verdaubaren „Revolutionary Road“ Anfang dieses Jahres scheint dies genau die richtige Wahl zu sein, weshalb der Regisseur nach eigenen Angaben auch bei keinem Drehbuch zuvor so schnell zugesagt hat.
Verona und Burt sind schwanger. Diese Neuigkeit wäre für die Lebenskünstler, beide Anfang 30, eigentlich schon genug schockierend, käme nicht hinzu, dass Burts Eltern beschlossen haben, noch vor der Geburt des Kindes nach Europa auszuwandern. Die kleine und überschaubare Welt von Verona und Burt scheint nun vollends auf den Kopf gestellt und es hält sie nur noch herzlich wenig in ihrer baufälligen Hütte in der Einöde von Colorado fest. Sie beschliessen, sämtliche Freunde und Verwandte zu besuchen, fest entschlossen, so ihr zukünftigen Zuhause zu finden. Es beginnt eine Reise quer durch Amerika, die gespickt ist mit aberwitzigen Begegnungen und auf der die beide werdenden Eltern immer mehr entdecken, was ihnen im Leben wirklich wichtig ist.
Sam Mendes beherrscht nicht nur das Drama perfekt, auch sein Ausflug in das Genre der feinen Komödie ist äusserst gelungen. Die Chemie der beiden unverbrauchten Hauptdarsteller stimmt haargenau und vor allem durch die zahlreichen und hochkarätig besetzten Nebenfiguren entstehen unglaublich witzige Episoden, allen voran jene mit Maggie Gyllenhaal als kaballabesessene, spirituelle Übermutter. Wie es sich für eine richtige Independent-Comedy aber gehört, fehlt auch „Away We Go“ nicht der nötige Ernst und Tiefgang, die die Figuren erst so richtig lebensnah wirken lassen. Wie independent der Film aber schlussendlich ist, sei dahingestellt. Manchmal wirkt er ein bisschen zu glattpoliert und konstruiert und man merkt, dass sich die Filmemacher stark an den oben genannten Beispielen orientiert haben. Das tut dem Charme und der Originalität von „Away We Go“ aber nur einen kleinen Abbruch.
Martin Aeschbach