Kino immer anders


 

Lange hat es gedauert, aber endlich ist Guy Ritchie wieder dort, wo er seine Karriere vor fast zwei Jahrzehnten begonnen hat. Er ist wieder zurück beim Gangsterkino. In den letzten Jahren versuchte sich Ritchie in den verschiedensten Genres. Erst letztes Jahr war seine Realverfilmung von Aladdin in den Kinos. Der Film fiel bei der Kritik komplett durch, war an den Kassen jedoch enorm erfolgreich (1.051 Milliarden USD). Zuvor versuchte er sich an der King Arthur Saga. Dieser Versuch war sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum nicht besonders beliebt. Nun, über 10 Jahre nach seinem letzten richtigen Gangsterfilm, probiert er es erneut.

Mickey Pearson (Matthew McConaughey) ist enorm erfolgreicher Drogenbaron in Grossbritannien und besitzt Verbindungen bis weit nach oben zu verschiedenen Lords. Doch nun möchte er aussteigen und sein Imperium verkaufen. Zuerst sieht es so aus, als würde der Verkauf ohne grosse Probleme vonstattengehen. Doch dann taucht Dry Eye (Henry Golding) auf und interessiert sich ebenfalls für Mickeys Marihuana-Plantagen. Zudem wird eine der geheimen Plantagen überfallen und der Journalist Fletcher (Hugh Grant) taucht bei Raymond (Charlie Hunnam), einem Untergebenen von Mickey, auf und verlangt 20 Millionen dafür, dass er sein Maul hält und keine Informationen an die Presse verkauft.

Wie bereits die kurze Zusammenfassung durchscheinen lässt, ist «The Gentlemen» keine einfache, geradlinige Geschichte. Vielmehr laufen viele verschiedene Handlungen parallel ab und kommen erst gegen den Schluss zusammen. Dabei fühlt man sich direkt wieder an «Lock, Stock & Two Smoking Barrels» und «Snatch» erinnert. Bereits damals verstand sich Guy Ritchie darauf, absurde und witzige Dialoge mit einer cleveren Handlung zu vermischen. So weiss man bei ersterem lange nicht, was die Story mit den Junkies überhaupt soll. Ähnlich ist es bei «The Gentlemen». Als Charlie Hunnam einen drogenabhängigen Teenager finden muss, passt dies zuerst lange nicht in die Geschichte, fügt sich gegen Ende jedoch schön in den Plot ein. Auch wenn «The Gentlemen» viele Ähnlichkeiten zu den beiden eben genannten Filmen aufweist, so ist es dennoch nicht eine einfache Neuauflage seiner besten Filme. Zum einen ist «The Gentlemen» in der Inszenierung ruhiger und nicht mehr so wild wie bei seinen ersten Filmen. Dies ist durchaus schade, weil gerade in der Verspieltheit des Schnittes auch der Reiz seiner Filme liegt. Besonders wenn bei «Snatch» in den Kämpfen wilde Kamerafahrten mit schnellen Schnitten kombiniert werden, passt das einfach perfekt zu seinem Stil. Hier fühlt es sich so an, als wäre Guy Ritchie älter geworden und er lässt die ganz wilden Spielerein sein. Dieses Altwerden ist zudem auch inhaltlich ein Thema, da der Film davon handelt, dass sich ein Gangster zur Ruhe setzten möchte. Dennoch scheint sein alter Stil in einer Kampfszene auf einer Plantage noch durch und diese macht dementsprechend auch enorm Spass. Auch wirken die Dimensionen grösser, da es nicht mehr die kleinen Gangster von nebenan sind, sondern nun die ganz grossen. Dennoch funktioniert der Film und glänzt durch seine stylische Inszenierung.

Es ist erfreulich, dass Guy Ritchie mal wieder einen richtigen Guy-Ritchie-Film macht, sich dabei ein wenig zurückbesinnt, aber auch Neues einbaut. Auch wenn der Film sicherlich kein tiefsinniges Meisterwerk über das menschliche Wesen oder Ähnliches ist, so macht er dennoch eine Menge Spass. Der Film ist rasant, witzig und überzeugt mit seinem grossartigen Cast. Wenn man sich auf solch einen Gangsterfilm einstellt, sollte man nicht enttäuscht werden. Besonders für alle Guy-Ritchie-Fans ist der Film ein Muss. Alle, die auch seine anderen Filme nicht mögen, sollten lieber die Finger davonlassen, denn «The Gentlemen» wird wohl die wenigsten Leute zu Guy-Ritchie-Fans konvertieren.

Jérôme Bewersdorff


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