Kino immer anders



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Als Ahmed nach der Schule sein Hausaufgabenheft aus der Tasche zückt, muss er mit Erschrecken feststellen, dass er das Heft seines Klassenkameraden eingepackt hat. Schleunigst muss er es seinem Freund bringen, da der strenge Lehrer bei erneutem Vergessen mit dem Schulausschluss drohte. Aber wo befindet sich das Haus seines Freundes? Ausgerüstet mit dem Heft sowie einer mutigen Entschlossenheit macht er sich auf die Suche, in deren Verlauf er in ein Nachbardorf reist, fremden Personen in unbekannten Gassen begegnet und irgendwann im Dunkel der Nacht wandelt.

Eine vermeintlich simple Aufgabe führt in Where is my Friend’s House? zu einer regelrechten Reise in Ungewisse. Abbas Kiarostami vermag mit seiner ehrlichen Neugierde für Nebensächliches sowie Alltägliches und einer prosaischen Poetik komplexe Themen wie Erziehung, Bildung und Freundschaft leichtfüssig zu behandeln. So entfaltet eine drohende Bestrafung von Ahmeds Freund durch den erwachsenen Lehrer eine Eigendynamik in der kindlichen Logik des Jungen – wie alle Figuren ein tatsächlicher Bewohner des iranischen Dorfes. Der Knabe beweist mit seinem zielgerichteten Umherirren in neuen Gefilden nicht nur freundschaftliche Solidarität und Selbstlosigkeit. Er lernt auch die Vorgaben und Vorschriften der Erwachsenen mit naivem Herzen und frecher Schläue zu biegen, um eine kleine Ungerechtigkeit der Welt zu beheben.

Nico Uebersax


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