In den Sommerferien zieht Laure mit ihrer Familie in eine neue Stadt. Dort erzählt die burschikose Zehnjährige allen Kindern aus der Nachbarschaft sie wäre ein Junge mit dem Namen «Michaël». Nur Zuhause bleibt sie Laure, da die Mutter ihre/seine «Phase» nicht akzeptieren will. Michaël hingegen übt lieber Spucken, kickt auf dem Fussballplatz und trägt weite Klamotten und kurze Haare. Die Kollision beider Identitäten ist vorprogrammiert und das doppelte Spiel des Tomboys droht schon bald aufzufliegen …
Céline Sciamma eröffnet ein sensibles und wichtiges Thema aus der Perspektive eines Kindes, das zwischen den Geschlechterrollen wandert und sich den konventionellen Geschlechterattributen entziehen möchte. Mit atmosphärischen Bildern und fast ohne Hintergrundmusik setzt der Film dabei in einem Übergangsmoment der Kindheit ein, in dem Genderfragen relevant werden und geschlechtsatypisches Verhalten beginnt aufzufallen. So werden in allen Feinheiten Laures/Michaëls Körperhaltung und Mimik in den Blick genommen. Besonders eindrücklich ist dabei das schauspielerische Kinodebut von Zoé Héran, die herausragend die Hauptrolle verkörpert. Sanft und einfühlsam versucht uns der sozialkritische Film die gesellschaftlich starre Geschlechtereinteilung vor Augen zu führen, sie gar zu relativieren und zu öffnen.
Simone Winkler