In einem luxuriösem Grand Hôtel an einem nicht näher benannten Kurort fragt ein Mann eine Frau, ob sie sich denn nicht erinnere. Sie hatte es doch versprochen. Vor einem Jahr. Im Garten. Nein, es war im Salon. Oder auf ihrem Zimmer? In Marienbad haben sie sich zum ersten Mal getroffen. Vielleicht war es doch in Friedrichsbad? Sie erinnert sich nicht. Oder möchte sich vielleicht nicht erinnern.
Nichts ist in Alain Resnais kontroversem Hauptwerk sicher. Erinnerung, Fantasie und Realität vermischen sich in unauflöslicher Ambivalenz. Die labyrinthischen, barocken Gänge und Gärten des Hotels sind gleichzeitig Hintergrund und Protagonisten einer Handlung, die in ihrer Mehrdeutigkeit fasziniert. Diese Faszination wird noch vertieft durch die schönen, surrealen Aufnahmen, die an den Expressionismus der Stummfilmzeit anlehnen. Dies ist ein Film, der, statt zu erzählen, verführt… und nicht mehr loslässt.
Michael Schmutzer