Kino immer anders


Jede Geschichte ist auch eine Lüge. Ausser die folgende. Dies verspricht ein spitzbübischer Orson Welles zu Beginn von F for Fake mit einem verschmitzten Lächeln, bevor er uns in die Welt des Fälschens und Schwindelns führt – in ein trügerisches Spiegelkabinett. Die Hauptattraktionen stellen dabei der schelmische Kunstfälscher Elmyr de Hory und sein Biograph Clifford Irwing dar. Sie bilden den Ausgangspunkt, um den Status von Authentizität in unserer Gesellschaft zu skizzieren. Weshalb ist ein gefälschter Matisse weniger Wert als ein Original? Worin liegt unsere Faszination an Illusion? Ab wann kippt eine Lüge in Wahrheit?

 

In seinem experimentellen und höchst unterhaltsamen Essay film spielt Welles mit dem Konzept von Wahrheit, schmeichelt ihm und verwirft es im nächsten Moment. Überspitzt formuliert er Wahrheit als eine kollektiv akzeptierte Lüge, das Falsche dabei als eine abgelehnte. Der eine Experte bezeichnet eine Zeichnung von de Horyals echten Picasso, ein anderer dieselbe als Fälschung. Gleich einem ironischen Harlekin setzt Welles Aussage gegen Aussage und hält die Zuschauenden in einem Zustand des Zweifelns – eben der Zustand, in dem die Pole Wahr und Falsch ihre Bedeutung verlieren und dem Magischen Platz machen. Authentizität ist eine Lüge; und die Künstler sind die Scharlatane, welche die Lüge salonfähig machen.

Nico Uebersax


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Every story is also a lie. Except for the following. This is what a mischievous Orson Welles promises at the beginning of F For Fake, flashing a devilish grin; right before he leads us into the world of forgery and swindle – a treacherous house of mirrors. Its main attractions are the impish art forger Elmyr de Hory and his biographer Clifford Irwing. Together they constitute the point of origin from where society’s authenticity is being outlined. Why is it that a forged Matisse is less valuable than the original? Why are we so fascinated by illusion? When does a lie become a truth?

 

In his experimental yet highly entertaining essay film, Welles plays with the concept of truth, coaxes it gently and discards it again instantly. In hyperbolic fashion, he portrays truth as a collectively accepted lie, and deceit as one to be dismissed. One expert deems a drawing of Hory a real Picasso, while another calls it a fake. Like a sarcastic harlequin, Wells holds testimony against testimony, all the while keeping the viewers in a suspended state of doubt – which is precisely where truth and deceit lose all meaning, making room for the magical. Authenticity is a lie; and artists are the quacks who render it socially acceptable.

Nico Uebersax

Translated by Alicia Schümperli

 


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