Nachdem eine zweite Eiszeit über die Welt eingebrochen ist, hat sich der Rest der Menschheit in einen riesigen Hochgeschwindigkeitszug zurückgezogen. Dieser ist strikt nach den sozialen Klassen aufgeteilt: Die Reichen befinden sich an der Spitze, die Armen am Ende. Während vorne Komfort und Luxus herrschen, ist hinten das ungewaschene Proletariat auf engstem Raum zusammengepfercht. Dort, im letzten Waggon, beginnt die Revolution. Mit selbstgemachten Waffen brechen die Rebellen in die einzig mögliche Richtung auf: nach vorne. Waggon um Waggon eröffnet sich ihnen eine unbekannte Welt, die fortlaufend immer dekadenter und üppiger wird.
Mit seinem ersten internationalen Spielfilm hat Bong Joon-ho einen sofortigen Klassiker erschaffen. Visuell atemberaubend konstruiert er eine postapokalyptische Parabel innerhalb eines der wohl bekanntesten Züge der jüngeren Filmgeschichte. Ungewöhnliche stilistische Mittel unterstreichen das gewitzte Spiel mit den Erwartungen des Publikums. Als der Zug durch einen Tunnel fährt, wird es plötzlich stockdunkel – die Zuschauer*innen müssen sich akustisch orientieren und wissen nicht viel mehr als die Figuren auf der Leinwand. Ein echter Bong Joon-ho, der sich auf jeder Ebene lohnt.
Vanessa Loretan