Kino immer anders


In Taipei herrscht akute Wassernot. Die Bevölkerung löscht ihren Durst mit Wassermelonen, wobei erfinderische Köpfe auch erotischere Verwendungen für das frische Fruchtfleisch finden. Inmitten der anhaltenden Dürreperiode treffen zwei alte Bekannte, die sich aus den Augen verloren hatten, zufällig wieder aufeinander. Er verdingt sich inzwischen als Pornodarsteller, sie streunt durch die Strassen und sammelt zwanghaft Wasserflaschen. Die beiden einsamen Seelen versuchen, eine zärtliche Beziehung zueinander aufzubauen, doch sein gestörtes Verhältnis zur Sexualität kommt ihnen zunehmend in die Quere.

Bereits in Vive L’Amour, den wir letztes Semester an der Filmstelle zeigten, porträtierte der taiwanesische Meister Tsai Ming-liang urbane Einsamkeit und unterdrückte Emotionen mit einer einzigartigen Mischung aus leiser Melancholie und trockenem Humor. In The Wayward Cloud erweitert er seinen Ansatz mit surrealen Musicalsequenzen und prangert gleichzeitig die entwürdigende Darstellung von Sex in moderner Pornografie an, die Menschen objektiviert und echter Intimität keinen Platz einräumt. Ein Film so vielschichtig wie das Leben selbst; gleichermassen witzig, ernüchternd und verstörend.

Mischa Haberthür


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There is acute water shortage in Taipei. The populace quench their thirst with watermelons, although inventive minds find more erotic uses for the fresh pulp. In the midst of the ongoing drought, two old acquaintances who had lost touch meet again by chance. He hires himself out as a porn actor, she roams the streets and compulsively collects water bottles. The two lonely souls try to establish a tender relationship with each other, but his disturbed relationship with sexuality increasingly gets in their way.

Already in Vive L’Amour, which we showed at the Filmstelle last semester, the Taiwanese master Tsai Ming-liang portrayed urban loneliness and suppressed emotions with a unique mixture of quiet melancholy and dry humor. In The Wayward Cloud, he expands his approach with surreal musical sequences while denouncing the degrading portrayal of sex in modern pornography, which objectifies people and denies genuine intimacy. A film as complex as life itself; equally funny, sobering and disturbing.

Mischa Haberthür


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